Gesundheitsminister Spahn bläst unter anderem mit seinem Termin-Service- und Versorgungs-Gesetz (TSVG) zu einem groß angelegten Angriff auf die eigenständige Organisation freiberuflicher, selbständiger Praxen. Dagegen verwahrt sich jetzt die IG Med mit einem offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister und kündigt ihm zivilen Ungehorsam an.
„Wir werden es nicht akzeptieren, dass Herr Gesundheitsminister Spahn unsere Praxen mit der Telematikinfrastruktur an die elektronische Fußfessel legt – und mit uns auch unsere Patienten,“ sagt Steffen Grüner, Allgemeinmediziner aus Osnabrück und Vorstand der Interessengemeinschaft Medizin. „Wir werden auch nicht erlauben, dass uns Herr Spahn mit „offenen Sprechstunden“ und Mindestsprechstundenvorgaben in unsere Praxisorganisation und Terminvergabe hineinpfuscht und dabei chaotische Zustände in unsere Praxen trägt.“
Die Interessengemeinschaft Medizin kritisiert, dass durch die Bevorzugung von neuen und Notfallpatienten vor allem die kontinuierliche Betreuung von chronisch kranken Patienten leiden werde und damit aus gut eingestellten Patienten schnell Notfälle werden könnten, wenn man der Planung des Gesundheitsministers folge.
Des Weiteren sei die rechtliche Situation bezüglich Telematik-Infrastruktur im Lichte der Datenschutzgrundverordnung und im Lichte der Verpflichtungen aus ärztlichem Berufsrecht und strafrechtlichem Schutz des Patientengeheimnisses so unübersichtlich, dass man keinem Arzt raten könne, sich derzeit an die Telematik anzubinden.
„Und nicht zuletzt ist die Terminservicestelle derzeit einer der teuersten Rohrkrepierer und soll nun auf Teufel komm raus als Allheilmittel für den Ärztemangel und die Terminknappheit in den Praxen aufgeblasen werden,“ erklärt Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med. „Jeder Patient kann in den Praxen sehen, dass die Ärzte sicher nicht unterbeschäftigt sind. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, wenn der Gesundheitsminister wider besseren Wissens das Bild des faulen Arztes zeichnen will.“
Aus diesem Grund veröffentlicht die Interessengemeinschaft Medizin einen offenen Brief an den Gesundheitsminister bei change.org und bittet die ärztlichen Kollegen um Mitzeichnung.
„Herrn Spahn sollte klar sein, dass wir Ärzte nicht länger als Prügelknaben für ein zunehmend erodierendes System dienen werden,“ sagt Enger. „Derzeit stehen ca. 30% der Ärzte kurz vor ihrer Rente und die gehen nicht mehr zum Protest auf die Straße, sondern in den Vorruhestand. Und wenn diejenigen, die noch arbeiten müssen, dann nur die 25 Pflichtsprechstunden anbieten, die sich Herr Spahn wünscht, dann wird es sehr eng mit der Behandlung in Deutschland.“
Den Brief finden Sie im Anhang des Schreibens