Mit nachfolgendem Forderungskatalog haben wir heute alle Parteien, die zur Bundestagswahl 2025 zugelassen worden sind, zum Dialog aufgefordert:
Sehr geehrte Bundestagskandidaten,
Natürlich gibt es derzeit viele Themen, die unser Land bewegen. Von der inneren Sicherheit, über die Verteidigung unserer Demokratie bis hin zu den wirtschaftlichen Herausforderungen gibt es derzeit viele Sorgen, die die Bürger beschäftigen. Die Gesundheitspolitik scheint dabei nur eine Nebenrolle zu spielen. Nichtsdestotrotz ist die Gesundheitsversorgung ein „Querschnittsthema“, das für Deutschland zum einen bedeutender Standort- und Wirtschaftsfaktor ist, zum anderen durch sozialen Frieden auch Auswirkungen auf die innere Sicherheit hat und auch als Teil des mittelständischen Unternehmertums Bedeutung für die regionale, bürgerliche Gesellschaft.
Aus diesem Grund möchten wir als Interessengemeinschaft Medizin (IG Med) unsere Vorschläge für den Erhalt einer guten ambulanten Versorgung vom Hausarzt, über Fach- und Zahnarzt bis hin zu den Apothekern und den medizinischen Therapeuten übermitteln. Mit diesen Vorschlägen sind jedoch auch Forderungen verbunden, ohne die eine entsprechende Versorgung in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden kann.
1. Gute medizinische Versorgung braucht finanzielle Sicherheit
Seit Jahren wurde die medizinische Versorgung auf dem Rücken der im medizinischen Bereich Tätigen gewährleistet. Immer weiter wurde mit dem Schlachtruf der „Effizienzsteigerung“ gerade die ambulante Versorgung ausgeblutet. Gleichzeitig gaben Politiker jeder Couleur den Bürgern ein allumfassendes Behandlungsversprechen, das für die Leistungsträger im Gesundheitswesen inzwischen mit dieser finanziellen Ausstattung nicht mehr zu erfüllen ist.
Deshalb fordern wir, dass unsere Leistungen für die Patienten wieder adäquat und auskömmlich finanziert werden müssen. Die Budgetierung der Leistungen muss endlich abgeschafft werden – und zwar für Hausärzte, Fachärzte, Zahnärzte und auch Apotheken. Die Preise für die Leistungen müssen betriebswirtschaftlich so kalkuliert werden, dass auch das unternehmerische Risiko der Praxis- und Apothekeninhaber eingepreist werden und ein Inflationsausgleich der letzten 10 Jahre gewährt werden muss.
Wir fordern eine Anpassung der GOÄ an die Preisentwicklung in Deutschland. Hierzu soll die GOÄ in ihrer Struktur erhalten und modernisiert werden. Als Sofortmaßnahmen kann eine Erhöhung der Steigerungsfaktoren erfolgen. Mittelfristig müssen die Punktwerte angepasst werden und zu guter Letzt muss der Leistungskatalog um moderne Verfahren und Gesprächsleistungen ergänzt werden. Eine kontinuierliche Dynamisierung der Punktwerterhöhung muss ebenfalls das unternehmerische Risiko berücksichtigen. Hier schlagen wir einen Gesundheits-Preis-Index vor, der zur Anpassung der Punktwerte herangezogen wird.
Nachgelagerte „Strafsteuern“ in Form von Regressen und Retaxierungen, die zu wirtschaftlicher Unsicherheit der Praxen beitragen, müssen reduziert, bzw. Abgeschafft werden.
2. Das SGB V reformieren
Das SGB V ist inzwischen in die Jahre gekommen. Angelegt wurde dieses Gesetz zur Verhinderung einer Ärzteschwemme. Behandlungswünsche des Patienten sollten begrenzt und sog. Wirtschaftlichkeitsreserven sollten gehoben werden.
Heute stehen wir vor einem Ärztemangel, der durch das Überdrehen der bürokratischen Schrauben, und eine Unterfinanzierung des Systems bewirkt wurde. Sanktionen und Überregulierung schrecken den ärztlichen Nachwuchs ab und treiben die bereits im ambulanten Bereich Tätigen aus dem System. Gleichzeitig wurde damit der Anreiz für eine Überökonomisierung und Konzernalisierung medizinischer Versorgung gelegt.
Wir fordern deshalb, dass das SGB V überarbeitet werden muss. Sanktionen und überbordende Kontrollen haben nicht zu einer Verbesserung der Versorgung geführt, sondern im Gegenteil zu einer teuren Verschlechterung. Die Kontrollbürokratie manifestiert sich in immer neuen Kontrollinstanzen und -behörden, diese wiederum verursachen Dokumentationspflichten, die die Zeit für Behandlung reduziert. Gesundheitsversorgung und Krankenbehandlung soll nicht länger verwaltet, sondern gestaltet werden. Wer es Ernst meint mit einem Bürokratieabba, muss das SGB V auf den Prüfstand stellen.
3. Eigenverantwortung der Patienten stärken
In den letzten 30 Jahren ist es nicht gelungen, die politisch verordnete Patientensteuerung aufzubauen. In Zeiten des Ärztemangels wird es auch nicht gelingen, eine primärärztliche Struktur mit Steuerungswirkung aufzubauen. Es wird hier nur zu einem Flaschenhals in der Versorgung führen, die zu weiterer Unzufriedenheit der Patienten führen wird. Wir stellen fest, dass der Patient – auch angefeuert durch ein allumfassendes Behandlungsversprechen der bisherigen Gesundheitspolitik zu jeder Zeit an jedem Ort – sich nicht durch politische Maßnahmen steuern lässt.
Eine Patientensteuerung ist nur dadurch möglich, dass der Patient zumindest zum Teil in die wirtschaftliche Verantwortung für seine medizinische Versorgung genommen wird.
Dafür schlagen wir vor, dass die Beiträge zum Umlagesystem der gesetzlichen Krankenversorgung gedeckelt und ggf. reduziert werden. Dafür muss auch ein Leistungskatalog für eine Grundversorgung definiert werden, so dass kein Bürger durch Unfälle und schwere Erkrankungen oder teure Operationen in existentielle Nöte geraten kann. Über eine Kapitaldeckung sollen darüber hinaus gehende Behandlungen in die Verantwortung der Bürger gestellt werden.
4. Freiberuflichkeit ernst nehmen
Eine der tragenden Säulen unseres Gesundheitswesens ist die Freiberuflichkeit, d.h. Selbständig tätige Leistungsträger stellen ihre hochwertigen Gesundheitsdienstleistungen zur Verfügung und akzeptieren dabei eine staatlich geregelte Regulierung ihrer Honorare. Im Gegenzug dazu verpflichtet sich der Staat, diese Regularien auf einem zeitgemäßen Stand zu halten. Zusätzlich erhalten die Freiberufler das Recht, ihren Stand mitsamt der Ausbildung ihres Nachwuchses selbst zu organisieren, so dass die Versorgung gewährleistet werden kann.
Die staatlichen Eingriffe wurden in den letzten 30 Jahren immer rigider und haben die Flexibilität der Freien Berufe gerade im Gesundheitswesen stark eingeschränkt. Das Vertrauen in die Selbstgestaltungsfähigkeiten muss wieder gestärkt werden. Auch Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und medizinische Therapeuten sind Bürger – und im Sinne ihres Engagements für ihre Mitmenschen sogar besonders ehrenwerte Bürger, die man auch als solche achten sollte.
5. Digitalisierung nutzbringend einsetzen
Digitalisierung wird derzeit als politisches Allheilmittel in der medizinischen Versorgung angesehen. Die bisherigen Ergebnisse der TI im Gesundheitswesen beweisen, dass die staatlich verordnete Digitalisierung die Versorgung verschlechtert und dabei auch noch die Datensicherheit für 70 Mio. Bürger verschlechtert.
Deshalb muss auch die Telematik-Infrastruktur und die dafür verantwortliche Gematik als „Tochtergesellschaft“ des Bundesgesundheitsministeriums hinterfragt werden.
Wir fordern, dass die Politik sich darüber Gedanken macht, wo digitale Technik medizinische Versorgung verbessert.
Zunächst sollten Krankenkassen digitale Technik dazu nutzen, ihre Verwaltung zu verschlanken und zu verbessern. Gleichzeitig sollten Verwaltungstätigkeiten, die von den Krankenkassen in die Praxen ausgelagert wurden, wieder in die Verantwortung der Krankenkassen zurückverlagert werden.
Die Nutzung digitaler Technik in den Praxen muss in die Verantwortung der Praxisinhaber gestellt werden. Die Daten wiederum gehören dem Patienten und auch dieser sollte entscheiden können, wer und zu welchem Zweck seine Daten genutzt werden. Wir fordern Freiwilligkeit bei der Nutzung digitaler Techniken. Die Praxen und Apotheken nutzen bereits digitale Technik – und zwar dort, wo es für sie und die Patienten Vorteile bringt. Die zwangsverordnete staatliche Digitalisierung wiederum hat eher zu einer Belastung in den Praxen geführt.
Es müssen Rahmenbedingungen definiert werden, unter denen es den Praxen möglich wird, solche Techniken zu nutzen, die Vorteile für sie und die Patienten bringen, ohne die Sicherheit der Patientendaten zu gefährden.
Eine zentralisierte Lagerung von Patientendaten bietet ein hohes Risiko für Hackerangriffe. Der Staat darf sich auch nicht der Daten seiner Bürger bedienen, wie das inzwischen als Geschäftsmodell angedacht wird. Deshalb muss die Datenhaltung dezentral erfolgen – am besten durch den Patienten selbst.